Am Dienstag, den 17. Januar 2017 saßen wir morgens nicht so wie immer in unserem Geschi-Raum, sondern trafen uns mit Frau Thorn um 9.00 Uhr vor dem Frauenmuseum Wiesbaden in der Wörthstraße.
Im Unterricht hatten wir uns mit der Gesellschaft im Kaiserreich befasst, insbesondere mit der Frauenbewegung von 1848 bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Hierzu hatten wir ein ausführliches Referat von Paul und Vivien gehört. Somit verfügten wir schon über ein bisschen Vorwissen und dieser Museumsbesuch war die perfekte Gelegenheit für uns, dieses zu erweitern.
Das Frauenmuseum in Wiesbaden wurde im November 1984 als das 2. Frauenmuseum in Deutschland eröffnet; nur 50 Museen zu dieser Thematik finden sich weltweit.
Hier in Wiesbaden sammeln Beatrixe Klein und Kim Engels gemeinsam mit ihrem Team schon über viele Jahre hinweg Informationen zu einzelnen bedeutenden Frauen, beschäftigen sich mit der Frage, wie Frauen seit dem 19. Jahrhundert im Wandel der Zeit gelebt haben und wie sich die Geschlechterverhältnisse in den verschiedenen Epochen darstellen lassen.
Unsere 45-minütige Führung von Kim Engels durch das 3-stöckige Haus war sehr lebhaft und interessant gestaltet, die jugendlich wirkende Frau sprühte nur so vor Begeisterung und so hörten wir gespannt zu.
Die erste Ausstellung in der obersten Etage hieß „Hopeful Arrival“. Dort hingen Bilder von 16 geflüchteten Frauen aus verschiedenen Kulturkreisen, hauptsächlich aber aus Syrien und Afghanistan, welche alle das gemeinsame Ziel verfolgen erkennbar „Frau sein“ zu dürfen, d.h. keinen Schleier tragen zu müssen. Mit diesen interessanten Frauen arbeitet das Team des Frauenmuseums schon längere Zeit zusammen und erfährt bei regelmäßigen Treffen etwas über deren Leben. Vor allem die Visionen, Träume, Wünsche und Ziele dieser Frauen werden eingefangen und auf anschauliche Weise im Museum dargestellt.
Eindrucksvoll und zum Nachdenken anregend waren Fäden, die unter den Bildern in einem scheinbaren Wirrwarr angebracht worden waren und Buchstabenkombinationen miteinander verbanden; bei genauem Hinsehen beziehungsweise Verfolgen dieser bildeten sich Wörter, beziehungsweise Aussagen wie „Stille“, „Frieden“, „sich sicher fühlen“, „Deutschland = frei sein“, „Gleichberechtigung“, „Liebe“ oder „Respekt“.
Im 2. Stock konnten wir unzählige unterschiedliche Frauenfiguren als das Ergebnis einer Grundlagenforschung entdecken. An einem sehr anschaulichen Beispiel erzählte uns Kim Engels, welches Bild vor noch gar nicht allzu langer Zeit von Frauen bestand – ja bis heute in vielen Kulturkreisen noch besteht und wie sehr das weibliche Geschlecht in bestimmte Vorstellungen „hineingepresst“ wurde. Man hatte menschliche Knochen mit einer Reihe von Waffen drumherum liegend gefunden; zweifelsohne musste das ein tapferer Krieger gewesen sein… . Als aber Jahrhunderte später eine Gynäkologin das Skelett erneut in Augenschein nahm, stellte sich heraus, dass es sich wohl um eine tapfere KriegerIN gehandelt haben muss, denn die Form des Beckens zeugte von mehreren Schwangerschaften.
Im Ausstellungsbereich „Cyclomania – radelnde Frauen“ in der ersten Etage konnten wir uns darüber informieren, wie Frauen durch die Erfindung des Fahrrads seit Beginn des 19. Jahrhunderts einerseits eine ungleich größere Mobilität genossen, andererseits aber durch die für diese Epoche typische Frauengarderobe stark eingeschränkt wurden.
Da das Frauenmuseum Wiesbaden aktuell den 200. Geburtstag des Fahrrads feiert, wurden wir in dieser Ausstellung zu einer Zeitreise in die Geschichte des Damenfahrrads eingeladen.
Kim Engels erzählte uns, Frauen seien schon von Beginn an gerne geradelt, hätten aber lange Zeit unter massiver Diskriminierung leiden müssen, indem sie beschimpft oder gar bespuckt wurden, weil es als unschicklich für das Frauengeschlecht galt, sich mit seiner Alltagskleidung auf ein Hochrad, auf die Michauline oder auf eine „Drais`sche Laufmaschine“ zu begeben. Die langen Kleider wogen bis zu 10 Kilo und das damals übliche Korsett machte ein komfortables Fahren schier unmöglich. Als das „Ladies Pedestrian Horse“ – ein Laufrad – erfunden wurde, entwickelte sich auch die Kleidung weiter. Jetzt trugen die Frauen erstmalig weite Pumphosen, die endlich auch einen bequemen Sitz auf dem Rad ermöglichten.
Wenn man also die Geschichte des Fahrrads betrachtet, so sind neben dessen technischer Entwicklung auch die sozialen Aspekte darum herum mit einzubeziehen.
Zum Ende des Vormittags hörten wir uns einen längeren Vortrag von Beatrixe Klein über zwei Frauen an, die für die feministische Bewegung besonders wegweisend waren: die zwei Frauenrechtlerinnen Anna von Doemming und Ika Freudenberg, die sich für den Verein der Frauenbildungsreform engagiert haben.
Durch unseren Ausflug in das Frauenmuseum Wiesbaden haben wir einiges über die Frauenbewegung seit Beginn des 19. Jahrhunderts dazulernen und unser Wissen aus der Schule mit neuen Informationen und Anschauungsweisen bereichern können.
von Elise Steinbrenner