„Wir brauchen allseitig entwickelte Menschen und keine zu Marionetten erzogenen Wesen“ – so beschrieb Jenny Gertz, eine Tanzpädagogin aus den 20er Jahren, ihr Ziel und mit diesem Ziel sind am 14.12.2022 Ole Frahm und Sina Schönfeld aus Frankfurt angereist. Sie hatten das Projekt „Klasse Kinder“ des Künstlerkollektivs „LIGNA“ in Form einer Tanzperformance für die Klassen 5B und 5D in ihren Koffern: Statt klassischem Wandertagsprogramm konnten wir so eine Tanzperformance in der Aula der Gutenbergschule erleben und spannende, vielfältige Erfahrungen machen. Dabei stand auch das Ziel von Jenny Gertz „Die schöpferischen Kräfte im Kind zu wecken, anzuregen und zu entwickeln“ im Raum und Ole Frahm stellte von vornherein klar: „Es gibt dabei kein Richtig und kein Falsch“. Mit diesem Fokus von Kreativität, Entfaltung und Wertschätzung ging es dann los.
Die Musik und die Anregungen zu bestimmten Bewegungen kamen dabei über bunte, leuchtende Funkkopfhörer, gleichzeitig haben rote, silberne und goldene Shirts bestimmte Gruppenchoreographien möglich gemacht. Doch was es bedeutet, sich in der Gruppe in Bewegung zu erfahren und Bewegung aufeinander abzustimmen und bewegt gleichzeitig noch zu lernen, kann über Worte kaum erfasst werden. Es gab dabei herausfordernde Momente, in denen einige, die Augen geschlossen, sich im Vertrauen üben durften, dass auch ohne zu sehen Bewegung im Klassenkontext möglich ist. Plötzlich, über Kopfhöreransage, übernahmen dann manche die Führung und andere folgten und kopierten die Bewegungen der Vordermänner und Vorderfrauen. Dann wiederum konnte jeder seinen eigenen Ausdruck wählen und seine Bewegungskugel individuell ausfüllen oder eine eigene Körperskulptur kreieren.
So wurde an diesem Vormittag der eigene Körper in den Fokus gerückt, Gruppendynamik erlebt, Achtsamkeit und Miteinander geübt, es wurden verschiedene Konstellationen erschaffen und auch wieder zerstört.
Gleichzeitig zu den Bewegungsimpulsen vermittelte das Tanz-Hörspiel „Klasse Kinder“ auch noch bestimmte Lebenserfahrungen und -stationen der Tänzerin Jenny Gertz, deren Lebenslauf von politischer Verfolgung, Flucht, Exil und Rückkehr gekennzeichnet ist. Während der Performance erfährt man, dass Jenny Gertz sich für freie Bewegung und für freien Tanz eingesetzt hat und mit ihrer Haltung dem autoritären Regime die Stirn geboten hat – nicht nur „Klasse Kinder“ sondern auch „Klasse Frau“. Sie hat ihre Tanzprojekte mitten ins Leben und in die Gesellschaft geholt und sich dabei ganz besonders den Kindern und ihrer Selbstentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung gewidmet.
Auch die Fünftklässler konnten an diesem Vormittag ihre Erfahrungen machen und gleichzeitig eine Tanz-Künstlerin und verschiedene Stationen ihres Lebens kennenlernen.
Ein gemeinsames Nachgespräch rundete den insgesamt gelungenen Vormittag ab, ein Dank an Ole Frahm und Sina Schönfeld für die Gestaltung vor Ort.
Heike Scherf und Melissa Kissel