Am 19.2. fand auf dem Luisenplatz eine Mahnwache für die Mordopfer des Anschlags von Hanau statt, bei der Helena Kampen und Isabel Solano Albes aus der Courage AG einen Redebeitrag beigesteuert haben.
Hier der leicht gekürzte Wortlaut ihrer Rede:
„… Wir positionieren uns aktiv gegen Rassismus, indem wir so viele Aktionen wie möglich dagegen organisieren […] Aber wieso machen wir das?
Auch wenn man meinen könnte, unsere Generation sei so offen, so tolerant und divers, merken wir trotzdem tagtäglich in unserer Schule, wie tief verwurzelt Rassismus noch ist. Es gibt viel zu viele Schüler*innen, die rassistische Vorurteile haben mit mangelnder Bereitschaft, diese abzulegen. Das ist ein Missstand, der sich unbedingt ändern muss. Wir engagieren uns also, um unsere Schule offener und diverser zu machen.
Wir engagieren uns aber auch, weil es das Mindeste ist, was man gegen Rassismus tun kann. Weil es wichtig ist, Menschlichkeit und demokratische Werte zu schützen und zu vertreten. Weil man auch als weiße Person nicht tatenlos zuschauen darf, was anderen Menschen mit anderen Hautfarben angetan wird. Weil es wichtig ist, andere darauf aufmerksam zu machen, wie schlimm Rassismus ist.
Denn das Attentat in Hanau am 19. Februar 2020 hat deutlich gezeigt, dass Rassismus tötet und dass Menschen daran ihr Leben verlieren. Es hat gezeigt, wie fatal es ist, wenn die Politik nicht genug vor rechtsextremen, fanatischen Gewalttätern Schutz bietet. Und es hat gezeigt, wie sehr die politische Dimension dieser Gewalttat immer noch unterschätzt wird.
Der 19.Februar 2020 hält uns also den Spiegel vor, zeigt, wie sehr sich unsere
Zivilgesellschaft und unsere Politik noch verändern muss, um Rassismus aktiv zu stoppen. Das Attentat in Hanau muss nicht nur noch viel mehr aufgeklärt werden, nein, auch unser genereller Umgang mit Rassismus muss sich ändern.
Wir haben hier ein paar Forderungen von uns als junge Menschen an die Zivilgesellschaft, an unsere Schulen und an die Politik:
Wir müssen ein Umfeld schaffen, in dem es nicht nur erwünscht ist, nicht rassistisch zu sein, sondern indem alle aktiv antirassistisch sind, und diese Einstellung darf kein Alterslimit haben. Gerade wir als Jugendliche, mit jüngeren und älteren Geschwistern, wollen in einem Deutschland aufwachsen, das uns Gleichheit, Freiheit und Vielfalt vermittelt, und das ist nicht
zuletzt die Aufgabe der Schulen. Für uns ist ganz klar: der prägendste Auftrag unserer Schulen jeglicher Art ist die Demokratieerziehung. Dazu gehört in erster Linie die Aufklärung, aber mit zwei Stunden Geschichtsunterricht ist das Problem nicht vom Tisch.
Schule sollte auch Raum dafür bieten, Menschen, die Diskriminierung erfahren, zuzuhören, uns beizubringen, dass wir nicht schweigen und zusehen, wenn Mitschüler*innen, Nachbarn, Freunde, Mitmenschen zum Opfer gemacht werden.
Wir als weiße Menschen müssen uns bewusstwerden, wie unfassbar privilegiert wir allein aufgrund unserer Hautfarbe im Vergleich mit PoC sind. Wir werden niemals wegen unserer Hautfarbe beleidigt und damit niemals in den Medien unterrepräsentiert, wir wachsen nicht mit der Angst auf, wegen unseres Namens von einer Wohnung oder einem Job ausgeschlossen oder von der Polizei deshalb verdächtigt zu werden. All diese strukturellen Privilegien sind nicht selbstverständlich, sondern das Ergebnis von Rassismus, und das muss uns bewusstwerden, um PoC das Gleiche zu ermöglichen.
Nur an Jahrestagen von Anschlägen über Rassismus zu reden, reicht nicht. Wir müssen es konsequent tun, und uns weiter engagieren, indem wir z.B.
demonstrieren gehen oder an Anti-Rassismus-Organisationen wie den
Lückenlosverein für die Hinterbliebenen des Attentats in Hanau spenden. Dieser gemeinnützige Verein dient der Initiative 19. Februar Hanau als Plattform für mehr Reichweite über Spende Möglichkeiten. Somit unterstützt er die Aufklärung der Versäumnisse des 19. Februar und hilft den Hinterbliebenen, das Trauma zu verarbeiten. Wir, die Gutenbergschule, haben im Rahmen eines Kuchenverkaufs 😯 Euro eingenommen, die wir an sie spenden – ein kleines Beispiel dafür, wo wir schon im Alltag damit anfangen können, Rassismus zu bekämpfen.
Rassismus fängt nicht nur beim Täter an, sondern bei all denen, die tatenlos zuschauen. Das Attentat in Hanau hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, klein anzufangen, als Einzelpersonen auf die Straße zu gehen und Demonstrationen zu besuchen, um dann gemeinsam wirklich groß zu werden.
Wir kommen heute zusammen, weil für uns gilt:
Erinnern heißt Verändern.“
Helena Kampen
Isabel Solano Albes