Am 27. Januar, dem internationalen Holocaust-Gedenktag, hatte die Schülerschaft der E-Phase die besondere Gelegenheit, die bekannte Graphic Novel-Autorin Barbara Yelin begrüßen zu dürfen. Im Fokus ihrer Lesung stand ihre Graphic Novel „Irmina“, die sich mit dem Phänomen des Mitläufers und der historischen Verantwortung auseinandersetzt.
Die Autorin erzählt in „Irmina“ die Geschichte ihrer Großmutter, die ihr Tagebücher und Briefe aus den 1930er und 1940er Jahre hinterlassen hatte, Yelin setzte sich intensiv mit dem Material auseinander, traf Historiker und Historikerinnen und arbeitete in Archiven. Aus der langen Recherche ging die Graphic Novel „Irmina“ hervor.
Die Figur Irmina, eine junge, unabhängige Deutsche, reist als junge Frau nach London, um eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin zu machen. Dort lernt sie Howard Green kennen, einen ambitionierten schwarzen Studenten aus Barbados, der täglich mit Rassismus zu kämpfen hat, was Irmina fassungslos macht.
Auf Grund von Geldproblemen kehrt Irmina jedoch nach Deutschland zurück, obwohl die Macht der Nazis weiterwächst. Zurück im nationalsozialistischen Deutschland gerät Irmina zunehmend unter gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Druck. Irmina, die anfangs frei und selbstsicher schien, lässt sich zunehmend von der Ideologie der Nationalsozialisten vereinnahmen. Sie passt sich dem Regime an, heiratet einen linientreuen deutschen Beamten und führt ein Leben, das von Anpassung und Einschränkungen geprägt ist. Obwohl sie zunächst andere Ideale hatte, wird sie schließlich zur Mitläuferin im Dritten Reich.
Fächerübergreifende Arbeit zur Graphic Novel „Irmina“:
Die Schülerinnen und Schüler der 11Ee der Gutenbergschule haben zur Vorbereitung der Lesung selbst im Deutschunterricht und Geschichtsunterricht zu der Graphic Novel gearbeitet. Während eines Projekttages wurden die Themen der Graphic Novel auch selbst praktisch in eigenen Panels umgesetzt. So entstand auch die Zeichnung von Moses Erdmann, der sich mit der Frage beschäftigte, wie Irmina sich im NS veränderte.
Barbara Yelins Lesung anlässlich des Holocaust Gedenktags eignete sich gut, um das Phänomen des Mitläufertums, das systematische Wegschauen großer Bevölkerungsschichten, kritisch in den Blick zu nehmen.
Barbara Yelin betonte, dass es nicht nur um die Opfer und Täter gehe, sondern auch um jeden, der wegschaue. Das Schweigen und die Anpassung der Menschen führe auch zu einer Stabilisierung der Diktatur, den Weg, den auch Irmina wählte. Am Ende der der Veranstaltung mit Barabara Yelin kam eine besonders spannende Frage auf: Wieso wurde Irmina am Ende doch zu einer Frau, die wegschaute? Wieso blieb sie sich nicht treu? Sie setzte sich doch als junge Frau für andere Menschen und freiheitliche Ideen ein!
Barbara Yelin erklärte ausführlich, dass sie gerade diesen Weg spannend fand. Die Entscheidung wegzuschauen, war zu dieser Zeit leichter und, dass in einem diktatorischen System kaum einer etwas sagte, weil die Menschen um ihr eigenes Leben bangten, schien für viele der leichtere Weg zu sein. Irmina redet sich ein, dass sie ohnehin nichts ändern könne oder dass ihr persönliches Glück wichtiger sei als politische Prinzipien, die Freiheit und Gleichheit ermöglichen und Menschenrecht achten.
Barbara Yelins Werk und ihre Vorlesung fordern uns dazu auf, uns selbst zu fragen: Wie würde ich mich in einer solchen Situation verhalten? Und vor allem – was kann ich heute tun, um für Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Verantwortung einzutreten?
Text von: Christine Busch & Lilly Mersmann
Die Veranstaltung wurde im Rahmen der Leseförderung an der Gutenbergschule von Heike Scherf organisiert. Mira Scholl und Klarissa Stadion behandelten die Graphic Novel „Irmina“ fächerübergreifend in Deutsch, Geschichte und Kunst und ermöglichten ihrer Schülerschaft darüber hinaus, sich während eines Studientags mit den Themen der Graphic Novel „Irmina“ zu beschäftigen. Die in der Aula ausgestellten künstlerischen Arbeiten, der Schülerschaft fanden die wertschätzende Anerkennung der Autorin.